Schiedsmann und Brückenbauer


Für Konflikte zwischen Nachbarn oder Vertragsparteien gibt es den Schiedsmann. Er versucht zu vermitteln, die Interessen gegeneinander abzuwägen, oft auch überhaupt erst einmal Kommunikation und damit eine Verständigung zu ermöglichen. Einige der Aufgaben von Biser Ivanov, der nach 5 Jahren Integrationsarbeit die örtlichen Akteure gut kennt, sind denen eines Schiedsmannes sehr ähnlich. „Oft kann oder will man zunächst nicht miteinander reden“, sagt Ivanov. Dies liegt an häufig fehlenden sprachlichen Möglichkeiten, bei denen Ivanov helfen kann.

Viele Beratungstermine

Viele der in Gudensberg lebenden EU2-Bürger:innen sind bulgarische Sinti und Roma, die Türkisch sprechen. Beide Sprachen zu beherrschen, sich in der aufnehmenden Gesellschaft gut auszukennen, aber auch mit der Kultur des Herkunftslandes vertraut zu sein, ist Voraussetzung, um vermitteln zu können. Ivanov freut sich, dass ihm für die wichtigen Beratungstermine nun mehr Zeit zur Verfügung steht: „Mein Terminkalender ist immer voll, wenn ich nach Gudensberg komme. In der Vergangenheit konnte ich nicht alle Beratungswünsche erfüllen.“ Die Themen in den Gesprächen sind „Briefe“, also Anforderungen, die sich an die eingewanderten Mitbürger richten und oft von den Behörden kommen, sich aber auch um Vertragsangelegenheiten, um Probleme in allen Lebensbereichen drehen, bei denen sie eine Übersetzung benötigen.

Die Beratungstätigkeit bestimmt nach wie vor einen Großteil Ivanovs wöchentlicher Arbeitszeit, doch geht er, gemeinsam mit Dorothea Hamacher vom Verein Mach Mit, der die Gemeinwesenarbeit im Zentrum F26 eng begleitet, auch strategischen Ansätzen nach: „Wir müssen darauf dringen, dass sich die Sprachkenntnisse verbessern, weil dies der Schlüssel zur Integration ist“, betonen beide. Hier versucht der Integrationsberater zu motivieren, an Sprachkursen teilzunehmen. Auch die Arbeitgeber seien in der Pflicht, im betrieblichen Rahmen Angebote zu unterbreiten.

Integration muss früh beginnen

„Besonders wichtig ist für mich auch die Arbeit mit den jüngeren Generationen“, ergänzt der Integrationsberater. Hier könne Integration besser und nachhaltiger gelingen, wenn sie im frühen Lebensalter einsetze. Daher steht Ivanov in engem Kontakt zu den Kindertageseinrichtungen, zur Gesamtschule, aber auch zu den Sportvereinen, die ideale Möglichkeiten zur Integration böten.

Kürzlich haben Biser Ivanov und Dorothea Hamacher Bürgermeisterin Sina Best die Aufgaben des Integrationsberaters in einem ausführlichen Gespräch vorgestellt. Dabei habe man über Unterschiede bei der Gestaltung des Alltages gesprochen. Doch eine starke Gemeinsamkeit habe man auch entdeckt: „Die bulgarischen Neubürger sind wie die deutschen Mitbürger im Sommer leidenschaftliche Grill-Fans.“ Daher haben Ivanov und Hamacher der Bürgermeisterin ihren Wunsch nach einem zentralen Grillplatz mit auf den Weg gegeben. Dies wäre ein schöner Ort der Begegnung.

Hintergrund: Projekt "WIR - Integration von EU2-Bürgern im Schwalm-Eder-Kreis"

Biser Ivanov arbeitet ab sofort 27 Stunden pro Woche als Integrationsberater in Gudensberg. Bisher waren es 15 Stunden. Die Stundensteigerung konnte erreicht werden durch eine stärke Beteiligung mit städtischen Eigenmitteln an dem Projekt „Beratung und Unterstützung von Kommunen im Schwalm-Eder-Kreis bezüglich der Integration von EU2-Bürgern im Schwalm-Eder-Kreis““ (WIR-Landesprojekt des Hessischen Sozialministeriums). Eine bisher beteiligte Kommune ist abgesprungen und Gudensberg hat wegen des wachsenden Bedarfs den Anteil übernommen. Projektträger ist AKGG, der Arbeitskreis Gemeindenahe Gesundheitsversorgung mit Sitz in Kassel.